25.09.2013

Licht und Schatten im Paradies

01.09.- 20.09.2013: Bali und Nias/Sumatra

Nach meinem Trip nach Sumbawa lege ich eine Pause in Balian Beach an der Westküste von Bali ein. Hier hatten Anne und ich uns im Mai bereits sehr wohl gefühlt. Der 2-stündige Weg von Kuta durch den schweren und luftverschmutzten Moped- und LKW-Verkehr (auch ich bin mit dem Moped unterwegs) ist wie immer beschwerlich (ich trage sogar einen Mundschutz), aber erstmal angekommen, ist das Stranddorf die reine Wonne. Gefühlt ist es einer der letzten unberührten Orte auf Bali. Der Rest ist ruiniert. Der Gier von Menschen geopfert, die ihr Land an auf schnelles Geld spekulierende Investoren verkaufen, die die Insel mit immer größeren Hotels verschandeln. Dazu noch mehr Shoppingmalls, Mc Donalds, KFC und Starbucks. Ohne Rücksicht auf Natur, Umwelt, Tradition, Nachhaltigkeit. Bali – nur noch ein Name. Ich bin immer noch verbittert. Zum Glück gibt es noch die Wellen.

Nach ein paar Tagen, in denen ich auf bessere Surfbedingungen warte (die Wellen sind gerade überall zu groß und/oder verwaschen), kommen auch Alessandro und Eugenia, das Pärchen, das ich in Sumbawa kennengelernt hatte, nach Balian. Mit Alessandro surfe ich als die Wellen wieder besser werden die Spots von Balian und Medewi.

Dann plane ich weiter. Mein Trip nach Sumbawa hat Lust darauf gemacht, noch mehr von Indonesien sehen zu wollen. Nur in Bali zu bleiben wäre verschenkt, gerade jetzt wo ich ein wenig mehr Zeit habe als für einen „normalen“ Urlaub. Zunächst gedenke ich, nach Grajangan, kurz G-Land, an der Ostküste von Java weiterzureisen. Doch der Trip zu diesen Weltklasse-Surfspots ist teuer, auch weil sie in einem Nationalpark liegen und daher Unterkünfte limitiert sind. Also entscheide ich mich für die Insel Nias, die zu Sumatra gehört. Hiervon hatte mir bereits vor 13 Jahren eine Bekannte erzählt. Damals war die Anreise noch sehr lang, umständlich und anstrengend. Heute geht es wesentlich schneller, seit kurzem kann man auch mit dem Flugzeug hierhin reisen, so dass man sich die mindestens 12-stündige Fährüberfahrt ab Sumatra sparen kann.

3 Flieger muss ich trotzdem nehmen. Ab Denpasar geht es nach Jakarta, dann nach Medan auf Sumatra (der neue moderne internationale Flughafen wurde jüngst im Juli 2013 eröffnet) und von hier nach Gunungsitoli auf Nias. Preis für 3 Flüge: 83 €. Das geht. Mein Brett habe ich vorher noch in Kuta Bali verkauft, zu teuer wäre die Mitnahme des Sportgerätes gewesen. Auf Nias werde ich mir ein Brett ausleihen.

Ziel auf Nias ist der Ort Sorake, die den Spot „The Point“ beherbergt. Die rechte Welle wird häufig in der Liste der 5 besten Wellen der Welt genannt. Sie läuft das ganze Jahr und den ganzen Tag zu allen Gezeiten, es gibt kaum Wind, d.h. sie ist meistens clean (zu viel Wind zerstört die Welle), man kommt mit trockenem Haar ins Line Up, weil man direkt vom Ufer über eine Öffnung im Riff (sog. Keyhole) rauspaddeln kann, der Take off ist easy, die Welle hat eine steile Anfangsektion, die einen berechenbaren Tuberide ermöglicht, das zurückpaddeln seitlich an der Welle vorbei ist entspannt, das Riff ist mit weichem Moos bewachsen, Bodenkontakt ist aber ohnehin selten, da genug Wasser unterm Kiel ist. Für Anfänger ist die Welle aber nicht geeignet, selbst bei einem 3 Fuß Swell hat sie mindestens 1,5 fache Kopfhöhe ist zudem sehr kraftvoll.

Bei meiner Landung um 7 Uhr morgens in Gunungsitoli bin ich erschöpft von den Flügen und der kurzen Nacht (4 Stunden auf Flughafensitzbänken in Medan) und ich entscheide mich gegen den Bus und für ein Taxi, das ich mir mir einem einheimischen Passagier teilen kann. Die Fahrt nach Sorake (auf der der Taxifahrer im Wechsel wild mit seinem Landsmann diskutiert oder die Hupe betätigt, um andere Verkehrsteilnehmer zu verscheuchen) dauert 2 Stunden.

Ich checke im (Achtung, origineller Name…) Aloha Surfcamp ein und bleibe zunächst 2 Nächte (100.000 RP für ein Einzelzimmer). Der Swell hat wieder etwas zugelegt und die Welle ist mit Double bis Triple Overhead (doppelte bis dreifache Überkopfhöhe) wie auch anfangs schon in Lakey Peak zu groß für mich. Es sind nur Profis im Wasser (deren Tuberides allerdings echt beeindruckend sind). Nicht so schlimm, da ich mir ohnehin mal wieder eine Erkältung eingefangen habe, wahrscheinlich durch die viel zu kalte Klimaanlage im Flugzeug. Dafür lerne ich Jesper aus Dänemark und Hendrik aus Köln kennen, mit denen ich mich auf Anhieb super verstehe. Sie sind blutige Surfanfänger und surfen am Beachbreak, der mir aber zu klein ist.

Am dritten Tag ziehen wir gemeinsam in eine andere Unterkunft, wo wir uns für 100.000 RP einen Bungalow teilen können. Das ist natürlich günstig, aber der nicht so freundliche Besitzer Johannes (da es viele Christen auf Nias gibt, haben viele hier christliche Namen) versucht uns dann, nachdem er uns mit der billigen (aber auch abgerockten Unterkunft) gelockt hat, bei den Essenspreisen zu übervorteilen. Für ein leidenschaftsloses Omelett verlangt er das Dreifache wie im Warung nebenan, dann dreht er uns viel zu teure Krabben an (für das Vierfache des Marktpreises wie ich nachher erfahre). Ich kann ja verstehen, wenn die Leute Geld verdienen wollen aber wenn weder die Einstellung noch der Preis einigermaßen stimmen, hört mein Verständnis irgendwann auf. Als er dann weiter weder freundlich ist (er tut nun sogar immer zu beleidigt) noch bessere Preise anbietet, essen wir irgendwann nur noch im Warung. Dort steht eine herzliche immer zu lachende Mama am Wok, deren Portionen bei jedem erneuten Besuch von uns drei Jungs größer werden.

Dann ist „The Point“ mit 2-3 Metern Höhe auch für mich machbar und ich habe jede Menge Spaß. Ich surfe so viel wie möglich (ich bin immer noch leicht angeschlagen, zwischeneitlich habe ich sogar Schüttelfrost und ich befürchte bereits, ich hätte Dengue Fieber…), wenngleich es mir am vorletzten Tag zu voll wird im Wasser. Mehr als 15 Surfer verträgt die Welle nicht, da man zu eng aufeinander hockt.

Bis vor 9 Jahren war in Sorake trotz der beschwerlicheren Anreise mehr los, aber es gab auch mehr Wellen zur Auswahl. Doch der Tsunami 2004, der viele Länder Asiens traf, hatte vor Sumatra seinen Ursprung. Die Folge sind bis heute sicht- und spürbar. Durch das Erdbeben wurde das Riff vor der Surfküste um mindestens 30 cm angehoben. Dadurch verlor Sorake nicht nur Teile seines Strandes, sondern auch 3 gute Reefbreaks. Eine rechte Welle ist aufgrund des nur ultraflachen Riffs nur noch für Profis oder selbstmordgewillte Kamikazesurfer surfbar. Ein linker Break braucht nun wesentlich mehr Swell um zu brechen, was selten ist. Auch der Beachbreak von Lagundri im inneren der Bucht benötigt ebenfalls viel Dünung um Surfbares zu produzieren. Drum bleiben auch die Surfer aus. Folge ist Leerstand vieler Gästehäuser. Es gibt ein riesiges verlassenes Resort mit unzähligen Bungalows, die nun langsam verfallen. Im ehemaligen Swimmingpool schwimmen nur noch Algen statt Gäste.

Die Not der Einwohner ist gegenwärtig, Einheimische versuchen permanent ihre geschnitzten Souvenirs an die wenigen Surfer zu verkaufen, fragen nach etwas Geld für den leeren Mopedtank oder nach einem T-Shirt, Kinder verkaufen Kekse und Schokobrötchen und holen einem für 5.000 RP Kokosnüsse von den Palmen. Wir kaufen oder geben immer etwas, doch etwas anstrengend ist der tägliche Spießrutenlauf schon ein wenig.

Deprimierend wird es als ich, gerade aus dem Wasser watend, von Fischern eine Meeresschildkröte als Mittagessen angeboten bekomme. Das Tier lebt noch und zappelt mit den Flossen. Den Fischern klar zu machen, dass es sich hier um eine bedrohte Tierart handelt, hat wenig Sinn, also beschließen ein Brasilianer und ich sie abzukaufen und anschließend wieder dem Meer zu übergeben. Wir feilschen von 500.000 auf 250.000 RP runter und setzen sie dann behutsam ins Wasser.

Noch mehr Schmu wird direkt vor unserem Balkon betrieben. Mehrere zig mal am Tag fahren Einheimische mit Sandsäcken an uns vorbei. Vom übrig gebliebenen Sandstrand tragen sie für den Häuserbau tonnenweise Sand ab. Folge ist Erosion, sichtbar an vielen ins Wasser gefallenen Palmen, wodurch das Ufer immer weiter landeinwärts wandert. Aber soll man dem ohnehin armen Leuten sagen, dass sie sich den Sand kaufen sollen?

Beeindruckend sind die Surffähigkeiten der Kids, mit alten teilweise halben durchgebrochenen Brettern ohne Finnen oder Leige surfen schon die 6-jährigen wie die Profis.

Mit Hendrik und Jesper besteht der Tag aus Quatschen, Lesen und Chillen in der Hängematte, Spaziergängen sowie viel Poolbillard oder Tischtennis unterbrochen durch Frühstück, Mittag- und Abendessen bei Mama, das wahlweise aus Nasi oder Mie Goreng besteht. Wir haben viel Spaß.

Nach einer Woche beende ich meine Surfari in Indonesien. Mit den Jungs fliege ich ab Gunungsitoli (unser Taxifahrer und Kumpel von Johannes ist natürlich 50 min zu spät, wodurch wir nur gerade so eben noch das Flugzeug erwischen) nach Medan, wo wir uns voneinander verabschieden. Von dort nehme ich den Anschluss nach Penang in Malaysia, von wo ich per Zug und Fähre nach Koh Tao in Thailand reise. Anne und ich freuen uns sehr aufeinander.

 

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