9.09.2013

Das neue Mallorca

27.8.-11.9.2013: Bangkok, Ayuthaya, Chiang Mai, Pai

Thailand, ich komme! Ich freue mich schon auf dieses Land, in dem alle irgendwie schon mal waren und davon schwärmen. Wird Zeit, dass ich es selbst kennenlerne.

Im Bangkok angekommen stelle ich fest, dass das System der öffentlichen Verkehrsmittel nicht ganz so selbsterklärend ist, wie das von Singapur, aber ich habe eine gute Beschreibung meines Hostels in der Hand und treffe direkt in der Bahn auf sehr freundliche Thais, die mir weiterhelfen.
Ich steige im Mile Map Hostel ab und folge damit unbewusst einem deutschen Trend – außer mir sind fast nur deutsche Backpacker hier. Das Hostel ist sehr sauber und gut organisiert und mit 295,- Baht pro Nacht im Dorm (7,- Eur) zwar nicht das billigste, aber es ist jeden Cent wert. Es liegt im Stadtteil Silom, weit weg von der Khao San Straße, wo sich die meisten anderen Hostels befinden. „Mein“ Stadtteil bietet Restaurants und Straßenküche, Schneider, Markt und Nachtmarkt und ne gute Verkehrsanbindung. Ich fühl mich wohl. Khao San ist die Backpacker-Partymeile von Bangkok, immer voll, immer laut, immer betrunkene oder ausnüchternde junge Menschen mit nacktem Oberkörper (Männer) oder sehr knapper Bekleidung (Frauen) auf der Straße. Ich schaue mir das Spektakel tagsüber an und bin erstaunt, wie wenig stressig mir der Kiez erscheint. Ich habe wohl Glück, denn andere Backpacker berichten mir später das, was ich auch erwartet hätte: es sei eine laute, wuselige Hölle, die nie schläft und einen überfordert.

Überfordert bin ich von zwei Dingen: den permanenten Shoppingreizen (es ist alles so günstig!) und den Versuchungen der Thaiküche: an jeder Ecke gibt’s (zumeist frittierte) Leckereien, die Gerichte in den Restaurants sind unschlagbar. Drei Tage vergehen und ich komme vor lauter Reizen gar nicht zum Sightseeing. Naja, ich komme ja in den nächsten Wochen nochmal wieder, dann kann ich ja die ein oder andere Sehenswürdigkeit besichtigen (im Wesentlichen sind das Tempel).
Alles in allem macht mir Bangkok Spaß – wider Erwarten, denn ich hatte nach unserem langen Einsiedlerdasein in Arugam Bay eher gedacht, ich käme in einer Großstadt nicht mehr klar.

Nächste Station ist Ayuthaya, etwa 1,5 Stunden nördlich von Bangkok. Es ist eine unter UNESCO Weltkulturerbeschutz stehende alte Königsstadt. Hier gibt’s viele Backsteinruinen zu sehen. Hätte ich in den letzten Monaten nicht schon sooooo viele Ruinen gesehen, würden sie wohl noch eindrücklicher auf mich wirken. Beachtlich ist aber auch hier die Größe der Anlagen. Es muss ein beeindruckender Herrschersitz gewesen sein. Man erkundet ihn am besten mit dem Fahrrad, das es überall zu mieten gibt.
Weil ich ja Zeit habe und nicht mehr von Ort zu Ort hetzen mag, bleibe ich zwei Nächte. Eine hätte gereicht, aber ich bekomme kein günstiges Weiterfahrtticket mehr, weder mit dem Zug noch mit dem Bus. Es ist noch nicht mal Hauptsaison… Bei der Erkundigung nach Zugpreisen fängt es am Bahnhof so heftig an zu regnen, dass nicht daran zu denken ist, mich wieder Richtung Unterkunft zu begeben (P.U. Inn, 250,- Baht/Nacht im EZ mit Ventilator und Kaltwasser). Also warte ich und lerne neben einem deutschen Backpacker auch meine thailändische Sitznachbarin kennen, die sich kurzerhand von ihrem Vater mit dem Auto abholen lässt und mir ihren Regenschirm schenkt. Einfach so! Es ist gerade Regenzeit in Thailand und der Schirm wird mir noch gute Dienste erweisen.
Ich schlage mir zwei weitere Tage um die Ohren, lerne weitere deutsche Touristen kennen und komme zu dem Schluss, dass Thailand wohl das neue Mallorca ist.

Am dritten Tag abends fahre ich mit dem Nachtbus nach Chiang Mai, im Norden Thailands. Die Klimaanlage ist so kalt, dass ich die ganze Nacht trotz Fleecepullover, langer Hose und Socken friere (draußen sind auch nachts noch 28 Grad) und den ansich bequemen, wenn auch alten Bus gar nicht zum Durchschlafen nutzen kann.
Chiang Mai liegt in den Bergen und hat einiges an Kultur, Abenteuer, Yoga und Meditation zu bieten. Ich checke im House No. 11 ein, einem Hostel in dessen Schlafsaal ich 3 Nächte lang der einzige Gast bin. Das liegt wohl daran, dass es mit 190,- Baht (4,47 Eur) zu den teureren Schlafsälen gehört, aber mir gefallen Lage, Ausstattung und Sauberkeit und deshalb bleibe ich hier. Das Haus hat viele Doppelzimmer, die gut belegt sind und ist bereits jetzt schon ausgebucht für die Weihnachtszeit. Ich bin foh, dass ich i der Nebensaison hier bin, dann ist die Stadt nicht so voll. Gleich am Ankunftsmorgen lerne ich Mike, Johanna und später Kamal kennen (allesamt sehr viel jünger als ich), mit denen ich einen verhängnisvollen ersten Abend lang Chiang Mais Bars und Clubs erkundige. Leider verschlafe ich dadurch meine Skype-Verabredung mit Veit am nächsten Morgen, der mich glücklicherweise durch besorgte Anrufe irgendwann wachkriegt.
An diesem Tag findet auch mein Thai-Kochkurs statt, den ich nach einem halben Liter frischgepresstem Fruchtsaft auch halbwegs genießen kann. Das Kochen findet in traumhafter Umgebung auf einer Farm außerhalb von Chiang Mai statt und ist erstaunlich einfach. Nach dem Marktbesuch mit der Lehrerin geht’s im Jeep raus aus der Stadt. Wir lernen fünf Gerichte und eine Currypaste zubereiten und sind am Ende des Tages so kugelrund, dass wir gar nicht alles schaffen und uns unsere Reste mitgeben lassen, die locker fürs Abendessen reichen. Wer also Zuhause mal selbstgekochte Frühlingsrolle, Pad Thai, Kokossuppe, Tofu mit Panangcurry oder Mango mit Klebreis probieren möchte, sagt Bescheid.
Da Chiang Mai von Dschungel umgeben ist, bieten sich hier Touren in die Natur an. Die Stadt ist übrigens vollgepackt mit Reisebüros, die alle Aktivitäten im näheren Umfeld anbieten (man kann hier sehr viel machen). Ich entscheide mich für eine Tagestour – längere Aufenthalte im Dschungel waren ja bisher nicht so toll für mich. Es geht zunächst zu einem kleinen Wasserfall, in dessen Pool man baden könnte. Lieber höre ich aber den Ausführungen unserer Führerin Joy zu, die in der Wildnis der Berge aufgewachsen ist und immer noch hier lebt. Sie hat mitbekommen, wie die hier sesshaften Opiumbauern zum Betreiben regulärer Landwirtschaft umerzogen wurden. Es gäbe regelmäßig strenge Kontrollen der gesamten Umgebung durch die Behörden, sagt Joy. Selbst unter Einsatz von Hubschraubern. Doch vereinzelt gibt es immer noch illegale Felder und das Opium wird Touristen auch mal zum Kauf angeboten…
Auf dem Rückweg vom Wasserfall fängt es an zu regnen. Zu Schütten, besser gesagt – als wir an unserer Mittagshütte ankommen, ist selbst meine Regenjacke durchgesuppt. Naja, die ist eh sehr alt und hat ihren Dienst getan.
Weiter geht’s mit Wildwasser-Rafting. Mein erstes Mal! Glücklicherweise ist das Wasser überhaupt nicht wild und die Aktion macht Spaß. Das anschließende Fahrt auf dem traditionellen Bambusfloss allerdings nicht so, denn man sitzt auf dem Floß etwa 10cm tief im Wasser. Ergebnis: ein paar Tage später werde ich krank.
Aber zunächst reiten wir eine Runde auf nem Elefanten, wobei ich bis heute nicht weiß, ob ich das artgerecht und gut finde. Das Tier anzufassen und nach dem Reiten zu füttern, finde ich aber schon schön.
An den Nicht-Ausflugstagen vertreibe ich mir die Zeit mit Yoga, lesen, essen (ich könnte hier immerzu nur essen!) und abendlichen Treffen mit meinen jungen Reisebekanntschaften.

Dann geht’s mit einem Minivan nach Pai, weiter in den Norden. Die gemütliche Fahrt wird durch die allergische Reaktion einer Mitreisenden auf ihr offensichtlich glutenhaltiges Frühstück unterbrochen. Die Arme kotzt sich die Seele aus dem Leib und uns anderen wird schlagartig klar, dass wir nicht in unserer westlichen Welt sind: dem Busfahrer und dem Busunternehmen verständlich zu machen, dass wir einen Krankenwagen brauchen, verläuft ergebnislos. Immerhin finden wir eine Notrufnummer und können dann selbst einen rufen. Bis wir ohne die Kranke und ihre Freundin die Fahrt fortsetzen können (weil der Krankenwagen da ist), vergeht eine geschlagene Stunde.

Pai gefällt mit sehr gut. Es ist ein Hippieort in den Bergen, allerdings glücklicherweise ohne Feuerspucker und Jongleure, wie ich das bisher so oft hatte. Es gibt köstliche Restaurants und Cafés, Teeläden, Massagen und Schmuck- und Klamottenläden.
Ich übernachte in der Villa de Pai in einem Schlafsaal für umgerechnet 1,88€/Nacht und stelle damit den Billigschlafrekord der Reise auf. Hier gibt es aber auch schöne Bungalows, die man zu zweit gut bewohnen kann. Besonders am Ortsrand und in der näheren Umgebung gibt es wunderschöne Berg-Resorts für kleines Geld.
Leider erwischt mich hier die Erkältung, die mir seit Tagen in den Knochen sitzt und zwingt mich zur Ruhe. Trotz Erkältung probiere ich eine Yogastunde bei Mam Yoga aus. Das ist überraschender Weise die einzige Yogalehrerin, auf die ich hier treffe. Das einzig gute an Mam Yoga ist Mamas jugendliches Aussehen bei immerhin 67 Jahren. Ihr Yogaunterricht ist allerdings trotz ihrer beeindruckenden Beweglichkeit (sie kriegt die Beine hinter den Kopf) eine absolute Oberfrechheit und die totale Zeitverschwendung. Die reichlich durchgeknallte Dame hat weder Interesse noch Ahnung vom Unterrichten. Vielleicht sollte ich Yogalehrerin werden und nach Pai auswandern – hier gibt’s offensichtlich ne Marktlücke.
Wie alle anderen Touristen auch leihe ich mir ein Moped und erkunde die Umgebung, wobei ich die Regenpausen nutze, denn ich habe keine Lust auf einen Erkältungsnachschlag. Es ist wahnsinnig grün hier! Meine Augen hüpfen vor Freude. Wasserfälle und Tempel kann man besichtigen, ein chinesisches Dorf erkunden und in heißen Quellen baden. Wen es interessiert: hier gibt es auch einige Meditationszentren, doch ich habe mich entschieden, längere Meditationen auf einen nächsten Urlaub zu verschieben. Eine wirklich schöne Gegend ist das. Ich kann verstehen, weshalb so viele Westler hier hängengeblieben sind.

Nach einer Woche Bergwelt geht es zurück nach Bangkok, wo mein Flieger nach Kambodscha auf mich wartet.
Der erste Teil meiner Thailanderkundung hat mir schon mal sehr gut gefallen. Ich verstehe nun die Faszination Vieler für dieses Land. Die immer herzlichen Thais tun ihr Übriges, um das Herz für dieses Fleckchen Erde zu erwärmen.

Die Kommentare sind geschlossen.

Kategorien

Admin | Reiseblog anlegen | Plane Deine eigene Weltreise