20.05.2013

Shoppen als Religion

5.5.-7.5.2013

Von Australien geht’s zu einem kurzen Stop nach Singapur. Nicht, dass das unser ausdrücklicher Wunsch gewesen wäre, aber das Round-the-World Flugticket gab diesen Stop mehr oder weniger vor. Und als südostasiatischer Dreh- und Angelpunkt für alle möglichen Billigflieger ist das ja auch nicht der schlechteste Ort auf der Route.

Anne ist mittlerweile von den letzten 4 Wochen ständigen Ortswechsels wirklich an der Grenze der Aufnahmefähigkeit und sehnt sich nur noch nach Ruhe. Man könnte auch sagen nach Urlaub vom Reisen. Ein bisschen Strand, ein bisschen Sonne, ein bisschen Yoga oder sowas, eine schöne Unterkunft. Aber das wird Singapur ganz sicher nicht hergeben. Stattdessen erwartet uns eine Stadt, die lebendiger kaum sein könnte. Allerdings hält sich der Verkehr in Grenzen, denn um ein Auto zu erwerben, muss man sich beim Stadtstaat bewerben, zahlt beim Kauf unerschwingliche 100% (!) Steuern und muss dann auch noch hohe Spritpreise in Kauf nehmen. Diese Fakten zusammen mit einem ausgeklügelten Einbahnstraßensystem und mehrspurigen Fahrbahnen dämmen den Verkehr auf ein sehr erträgliches Maß ein. Man fährt U-Bahn und die fährt gut, schnell, sauber, neu und auch noch günstig. Vielleicht sollten BVG- und S-Bahnmanager hier mal in die Lehre gehen, bevor sie einen Posten in Berlin übernehmen!

 

Weil wir nur 1,5 Tage Zeit haben, fahren wir volles Touriprogramm und setzen uns in einen Hop on/Hop off Doppeldeckerbus, bekommen Kopfhörer und eine Stadtführung auf deutsch mit leicht bayrischer Färbung. Bei gefühlten 55 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 90% geht auch eigentlich gar nichts anderes (in Wirklichkeit sind es 30 Grad und 80% Luftfeuchtigkeit…). Uns läuft der Schweiß die Kimme herunter. Selbst beim Stillsitzen.

Beim zweiten Stop auf der Linie steigen wir bereits erstmals aus: Little India. Hier sieht’s wirklich so aus, wie wir es uns in Teilen von Indien vorstellen. Mehrere Straßenzüge voller alter, 2-stöckiger Häuser. Ein Handy(zubehör)-Händler neben dem nächsten, Barbiere, Autoteile, Fahrräder, Kleidung – hier kriegt man alles. Und Restaurants. Unglaublich viele. In Singapur geht es viel ums Essen, das müssen wir ausnutzen. Nach den letzten Fast 2 Monaten täglichen Selbstkochens freuen wir uns riesig, nun in Gegenden zu kommen, wo das Essen in Restaurants günstig und gut ist. Und vegetarisch, was Annes Herz besonders freut und schon beim Gedanken daran Speichelstürze auslöst. Also ist das wichtigste Ziel in Little India, ein Mittagsrestaurant zu finden um 11:00 (!) Uhr. Gesucht, gefunden. Die indische Küche treibt uns weitere Schweißperlen auf die Stirn. Einige Gerichte, z.B. Raita, sind trotz des gleichen Namens hier irgendwie was anderes als bei den Berliner Indern (wir kennen es von Zuhause als Joghurt mit Gurke, hier ist es eher Krautsalat). Lecker ist es trotzdem.

Anschließend besuchen wir den Jin Lin Square, bei dem unsere elektronische Reiseleitung gesagt hatte, dass man hier alles an Computer- und Handytechnologie findet, was man suchen könnte. Wir hätten so gern ein neues Netbook, damit wir wieder unsere Fotos vernünftig speichern und hochladen können und natürlich auch den Blog stressfrei bearbeiten können. Gesucht, gefunden. Ein neuer Eee PC für weniger Geld als Zuhause, dafür aber mit englischer Tastatur und englischem Office-Paket. Und singapurianischem Ladekabel, weshalb wir gleich noch nen Adapter mit dazu kaufen. Hier gibt’s wirklich viiiiel Technik, aber Netbooks sind nicht mehr angesagt. Auch nicht in Australien übrigens.

Mit unserem neuen „Baby“ setzen wir unsere Stadterkundung fort, sehen uns Chinatown an, die von Restaurants und Bars gesäumten Quays, das Marina Sands Casino Gebäude, das wie ein Schiffskörper auf drei Hochhaussäulen gesetzt ist, fahren durch das Viertel der Schönen und Reichen und machen einen Abstecher zum Eingang des Botanischen Gartens, der bei einem längeren Aufenthalt ganz sicher einen Besuch wert wäre. An den Quays sind in Aquarien vor den Restaurants die abgefahrensten und größten Schalentiere ausgestellt, die Anne je gesehen hat.

Nicht weit davon entfernt beeindruckt uns bei all den modernen Gebäuden besonders ein Hotel, in dessen teilweise organischer Fassade Bäume wachsen. Mit unseren ausgetretenen Flip Flops, den Shorts und Trägerhemdchen sehen wir uns die vielen 4-5 Sternehotels jedoch nicht von innen an. Das wäre bis vor 7 Monaten unser Job gewesen und zugegebenermaßen reizt es in dieser Stadt ein wenig, aber wir sehen schon so nach Urlaub aus, dass uns gerade wohl aufgrund unserer Äußerlichkeiten keiner mehr glaubt, dass wir Eventmanager sind :-). Weiter geht die Rundfahrt durch die Stadt, von einer Mall zur nächsten. Das Leben findet scheinbar hauptsächlich im klimatisierten Inneren von Gebäuden, sprich Shoppingzentern, statt, denn jeder Gebäudekomplex in dieser Stadt ist ein Einkaufsparadies. Wer in Singapur nicht shoppt, hat die Stadt erstens nicht verstanden und zweitens keinen Spaß hier. Es ist unfassbar, wieviele Einkaufszentren es hier gibt.

Abends kehren wir zurück nach Chinatown auf den größten Markt hier in Singapur. Wir lassen uns frittierte Oreo-Kekse auf der Zunge zergehen, bevor wir in einen der typischen Foodcourts zum Abendessen einkehren. Das sind teilweise 2-stöckige, zu allen vier Seiten offene Gebäude, in denen sich ein Essensstand an den nächsten drängt. Für 2-3 Euro werden wir hier mit frisch gekochtem, leckerem, chinesischem Essen beglückt.  Der anschließende Nachtmarktbesuch in Chinatown ist weniger spektakulär und bringt auch nicht das erhoffte Sommerkleidchen für Anne.

Der nächste Tag steht unter dem Stern „Rechnerreparatur“, denn leider findet unser Neuerwerb keine Online-Netze, wo welche sind. Umtausch geht nicht, weil Einzelexemplar. Reparatur geht nicht, weil wir heute Nachmittag schon das Land verlassen, Einsenden bei Asus fällt aus selbigem Grund auch aus. Also erhalten wir kostenlos einen WLAN-Adapter-USB-Stick mit, der offensichtlich die Empfangsfähigkeit unseres Rechners verstärkt und unser Problem fürs erste löst. Diesen Stick gibt’s übrigens erst, als wir uns weigern, für ein anderes Netbook einer anderen Marke im Austausch mit unserem noch 60,- Singapurdollar mehr zu bezahlen. Soweit kommt’s noch! Der scheinbar äußerst geschäftstüchtige chinesische Chef der Verkäuferin will uns in einem nahezu unverständlichen Englisch dazu bringen. Uns fliegt die Kinnlade runter als wir ihn sprechen hören, wir können nur ansatzweise erahnen, was er uns zu sagen versucht, denn erkennbare Worte kommen für unsere Ohren nicht aus seinem Mund…
Jetzt ist alles geregelt, weiter geht’s nach Bali, wo wir hoffentlich auf mehr Ruhe treffen, als hier.

Unser Hostel Traveller@SG können wir übrigens empfehlen. Saubere, klimatisierte 8-Bett-Schlafsäle inkl. Frühstück für 12 Eur pro Person. Da kann man nicht meckern. Wir sind beide keine Klimaanlagenfreunde, aber hier erscheint diese Erfindug fast ein Geschenk Gottes zu sein und beschert uns wenigstens erholsame Nächte.

Fazit: Singapur sollte man sicher gesehen haben, wenn man hier in der Region ist. Beeindruckend ist die Stadt allemal. Wir finden’s aber auch schön, uns anderen Lebensinhalten als dem Shoppen zu widmen. Dies wird möglich, sobald man die Stadt verlässt.
Wir kommen auf jeden Fall wieder, denn als zentraler Umsteigeort des südostasiatischen Reiseverkehrs haben wir gar keine anderer Wahl…

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