1.04.2013

Veit’s Surf in Chile #2

Die Rückfahrt nach Chile von Mendoza nach Santiago klappt wider Erwarten nach Fahrplan und ich komme nach sieben Stunden an. Zwei Stunden später sitz ich im Anschlussbus nach La Serena, wo ich den nächsten Surf ansteuern will. Nach weiteren sieben Stunden durch immer trockener werdenden Landschaften lande ich relativ spät am Abend den Busterminal in La Serena, finde aber dennoch ein mittelgepreistes Bett im Hostal Villanueva.

Am nächsten Morgen erkunde ich bei einem Café chico para llevar die Stadtmitte, die mir mit seinen Plätzen und Kolonialstilbauten gut gefällt. Die außerhalb des Zentrums liegenden Bauten sind weniger schön, es sind viele Trabantensiedlungen, die sich entlang der Hauptverkehrsstraße und der Küste ziehen. So ist die Stadtgrenze zur Schwesternstadt Coquimbo nicht auszumachen, alles ist über die Jahre des Immobilienbooms miteinander verwachsen.

Da Coquimbos Ortskern näher an der Küste liegt, fahre ich per Lokalbus dorthin, das Hostal Nomade hatte ich vorher im Internet recherchiert. Schnell muss ich aber feststellen, dass die Wellen an dem Abschnitt in Coquimbo gar nicht zum Surfen geeignet sind, da hatte ich offenbar im Gegensatz zur Hostelsuche nicht so gut recherchiert…Das Hostal gefällt mir aber derart, dass ich mich entscheide, hier zu bleiben. Es ist ein altes, etwas verwittertes Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert mit supergroßen Räumen inklusive Dielen, Klavier und Kaminen. In den Zimmern hängen kitschige Blumen- und Ponybilder an der Wand und zwei Schoßhündchen begrüßen mich jedes mal freundlich, wenn ich nach einer Stadttour Heim komme. Am süßesten sind aber die zwei älteren Damen, die das Hostal führen. Jeden Abend bekomme ich einen frischen Pisco-Saft, ein von den Omis selbst gebackenes Brötchen oder ein Stück Kuchen und ich werde fortan „Mi Niño“ gerufen.
Ich lerne Max aus Südtirol kennen, einen Italiener, der neben italienisch auch deutsch, englisch, rätoromanisch und spanisch spricht. Mit ihm besteige ich die Hauptattraktion von Coquimbo das im Jahr 2000 errichtete 92m große „Kreuz des Dritten Jahrtausends“ auf dem Gipfel der Halbinsel, ein Wallfahrtort der katholischen Kirche, passenderweise findet heute die Papstwahl statt. Von der Aussichtsebene auf Höhe der horizontalen Balken hat man einen weiten schönen Blick auf die Stadt und die Küste.

Für das Abendessen kaufen wir uns am örtlichen Fischmarkt am Hafen (wo es im Wasser vor Seelöwen und Pelikanen wimmelt) für schlappe 2.000 Pesos (3 EUR) drei frische ganze Fische (Name hab ich nicht verstanden, ähnlich wie Thunfisch mit rotem Fleisch), die wir mit Reis und Gemüse zubereiten. Dazu Rotwein. Perfekt!

Für die Surfsuche fahren wir am nächsten Tag an den Strand von La Serena, zum Faro, dem historischen Leuchtturm. Und tatsächlich hat es hier Wellen. Leider nur eine halbe Stunde, weil dann mit der Mittagssonne der auflandige Wind auffrischt und den Surf zunichte macht und das Meer in eine einzige Gischt verwandelt (für Nicht-Wellenreiter: besser zum Wellenreiten ist kein Wind oder ablandiger Wind). Zudem ist die Ausleihe von Brettern und Wetsuit an der einzigen noch geöffneten Surfschule mit 10.000 Pesos für 2 Stunden sackteuer. Zu teuer nur zum Weisswassersurfen. Also entscheiden Max und ich lieber noch ein wenig an der langen Strandpromenade zu spazieren, essen selbstgemachte Sandwiches mit Avocado und Tomaten, trinken ein Bier und aalen in der Sonne. Auch am Abend lässt der Wind nicht nach und wir kehren irgendwann Heim. Wieder ein Tag für mich ohne Nass – schön war er trotzdem.

Am nächsten Morgen reist Max bereits ab und ich unternehme allein die nächste Surfsuche. Wieder mit dem Bus fahre ich einen Ort weiter südlich nach Totoralillo. Der kleine Ort hat eine Minihalbinsel, wodurch der Surf mit seinen Pointbreaks hier sehr flexibel ist, je nach Dünungs- oder Windrichtung kann man auf der einen oder anderen Seite der Halbinsel wellenreiten. Zudem hat es einen weiteren schönen Beachbreak. Das Wasser ist türkis und kristallklar und der weiße Sand superfein.

Ich nehme es gelassen als ich feststelle, dass auch hier heute nix läuft, zu klein sind die Wellen. Also hole ich erwartungsgemäß Plan B aus der Tasche und wandere ein wenig den Strand entlang. Ich nehme mir vor, zum nächsten Strandort zu spazieren, dessen Silhouette ich von Totoralillo bereits erkennen kann. Der Ort entpuppt sich jedoch als Domizil für Superreiche und wohlhabende Renter, ein ganzer Strandabschnitt wurde privatisiert und rundherum eine Privatsiedlung gebaut, samt eigenem Yachthafen, Surfschule, Lifesaver, Administration und Wachpersonal. Letzteres lässt mich jedoch auf meine Nachfrage und nach Aufnahme meiner Personalien den Strand erkunden. Dieser ist superschön (Wellen hat’s auch hier heute keine) und die Siedlung ist vergleichsweise ansprechend mit noblen Bungalows und blumigen Gärten. Dennoch finde ich es befremdlich, wenn der Zugang zum Meer und zu einem Strand privatisiert und dadurch für die Öffentlichkeit eingeschränkt wird. Also checke ich nach kurzer Zeit beim Wachposten wieder aus und nehme den Bus nach Tongoy, um dort am Hafen eine Fischempanada zu essen. Ein weitererTag ohne Surf.

Tags drauf reise ich weiter nach Punta de Choros, einem Fischerdorf zwei Stunden weiter nördlich, davon fährt man 1 Stunde Schotterpiste (was, wie ich festellen muss, mit voller Blase eine Tortur ist…). Es gibt einmal täglich einen Bus von La Serena dorthin. Der Busfahrer Hector bringt dem Ort nicht nur Touristen mit sondern auch frische Brötchen und die Tageszeitung. Entsprechend herzlich wird er von den Einheimischen begrüsst. Von Punta de Choros kann man Bootstouren zur Isla Damas machen, auf der Pinguine beheimatet sind (die hatte ich ja in Argentinien verpasst). Auch gibt es hier viele Seevögel, Seelöwen und, wenn man Glück hat, Delfine zu sehen. Und so kommt es: eine ganze Familie tummelt sich bald um unser Ausflugsboot und kommen bis auf 1m heran. Ein paar mal springen sie sogar, unter Raunen der staunenden Passagiere.

Einige Strände von Punta de Choros sind auch zum Wellenreiten geeignet, allerdings sind diese einen strammen Fußmarsch vom Hauptort, wo der Bus hält, entfernt. 1,5 Stunden zu Fuß sind es bis zum Campingplatz, der Surfbretter verleiht. Ich mache eine Tagestour zu den Stränden, sie sind wunderschön, mit weißem Sand, türkisem Wasser und einsam. In 4 Stunden Wandertour von Bucht zu Bucht bin ich fast der einzige Mensch weit und breit. Der Surf ist aber auch hier zu klein, drum leihe ich mir am Campingplatz auch kein Brett. Übernachten kann ich hier auch nicht, da ich kein Zelt dabei habe. Wiederkommen würde ich trotzdem, nächstes Mal mit eigenem Board, Zelt und Auto.
Nach 2 Tagen und 1 Nacht (in einer Cabaña) – jepp, wieder ohne Surf – geht’s mit Hector am Nachmittag zurück nach La Serena, dann über Nacht nach Viña del Mar und anschließend nach Valparaiso, wo ich Anne wieder treffen werde.

 

Die Kommentare sind geschlossen.

Kategorien

Admin | Reiseblog anlegen | Plane Deine eigene Weltreise