5.03.2013

Anne in Argentiniens Norden

17.2.-22.2.2013

Von Corrientes geht’s für mich weiter nach Salta. Die Stadt liegt in einem Gebirgstal auf etwa 1000 m Höhe.
In dieser Gegend kann man viele Ausflüge machen zu Andendörfern, indigenen Ruinen (wobei der Begriff „indigen“ hier plötzlich politisch nicht mehr korrekt ist, sondern die kompliziertere Lösung „Ursprüngliches Volk“ verwendet wird), Mineralbergen mit abgefahrenen Farben und Formen, Kakteenhochebenen, einem Weinanbaugebiet, einer Salzwüste und vieles mehr.

Ich lande im Hostel „7 Duendes Base“ für 60,- Pesos die Nacht im 4er Zimmer. Salta ist voll mit Hostels, meines ist gut gelegen in der Innenstadt und ist nicht so partylastig wie andere hier. Kann ich empfehlen. Außerdem treffe ich hier nette Mädels (und einen Jungen) aus der Schweiz und Deutschland und bin somit in guter Gesllschaft. Ich buche zwei Ausflüge mit dem wirklich guten Touranbieter „La Posada Turismo“ und so geht es am Tag 2 meines hiesigen Aufenthalts nach Cafayate und am Tag 3 nach Humahuaca.

Tag 2 beinhaltet die Besichtigung vieler Felsformationen mit so einprägsamen Namen wie: der Obelisk, das Amphitheater, der Teufelsrachen (scheint ja ein beliebter Name in Argentinien zu sein, da es den ja auch schon in Iguazu gibt), die Titanic, der Frosch… Es ist eine beeindruckende Landschaft. Die Quebrada de Cafayate ist eine natürliche Schlucht, durch die der Fluss Rio Grande de Jujuy läuft und in deren Umgebung das Weingebiet von Cafayate liegt. Besonders der TorrontĂ©s wird hier angebaut, ein fruchtiger Weißwein, der bei der Weinprobe durchaus lecker ist. Man sagt hier, das sei ein Wein, der niemandem weh tut. Das stimmt wohl, denn er ist so unspeziell, dass sich Geschmacksgeister daran wohl kaum scheiden werden. Süffig ist er allemal. Der rote hingegen, ein Cabernet Sauvignon des Weinguts La Banda ist nicht mein Fall. Der hat irgendwie wenig Charakter für nen Roten, finde ich. Das ist aber nicht so schlimm, denn ich werde in den nächsten Wochen ja noch nach Mendoza kommen, DEM Anbaugebiet für argentinischen Rotwein.

Tag 3 wird noch interessanter. Diesmal geht’s nach Norden in die Quebrada de Humahuaca. Wir fahren bis auf 3.500 m hoch und sehen unglaublich schöne mineralische Gebirge in den buntesten Farben (rot, grün, gelb, weiß, blau und alle erdenklichen Schattierungen). Auf dem Weg dorthin, in Purmamarca, befindet sich der „Berg mit den 7 Farben“, wir passieren in Maimara die „Malerpalette“ (ebenfalls viele Farben in einem Berg) und sehen das Gebirge der 21 Farben. Abgesehen von der Natur besuchen wir die sehr schön hergerichteten Ruinen von Tilcara, die von einer Zivilisation vor den Inka hinterlassen wurden, sowie das Dorf Humahuaca, das allerdings das am wenigsten beeindruckende der an diesem Tag zu bestaunenden, indigenen Ortschaften ist. Allerdings sehr wohl erstaunlich ist der Ablauf des hiesigen Karnevals, wie uns ein einheimischer Fremdemführer erzählt: Ein Zug kostümierter Frauen zieht durch eine Straße. Aus der Querstraße zieht ebenfalls ein Zug kostümierter Männer heran. Letztere tragen Basilikumblätter am Ohr. Links heißt: Single, rechts heißt: verheiratet. Wenn sich die Gruppen nun an der Kreuzung treffen und Single-Männer und Single-Frauen sich berühren, werden sie in an einen Ort gebracht, wo sie 15-30 Schnäpse trinken müssen. Wenn sie sich gut verstehen, muss dann anschließend quasi die später zu schließende Ehe vollzogen werden… Na dann: Prost und viel Erfolg!
Die Örtchen Purmamarca und Tilcara sind süß und teilweise hippie-esk, auch hier gäbe es Hostels zum Übernachten, wenn man mehr Ruhe suchen würde, als sie in Salta zu erwarten ist.

Nach langem Hin- und Her-Überlegen und entscheide ich mich, trotz der geografischen Nähe nicht nach Bolivien zu fahren und mir die dortige Salzwüste Uyuni auf einer zukünftigen Reise anzuschauen. Ich brauche ja noch Ziele 🙂 Jetzt geht es erstmal weiter Richtung Mitte des Landes, nach CĂłrdoba.

Eine paar grundsätzliche Sachen kann ich an dieser Stelle noch berichten, die mir in Argentienien aufgefallen sind:

Argentinische Jungs bis vermutlich Mitte 30 zeigen gern, was sie unterm T-Shirt haben und ziehen es deshalb bemerkbar oft aus. Schönheit liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters und so muss man sich bei den Anblicken einen ziemlich weiten Blickwinkel zulegen…

Mir begegnet in Salta ein Pfandsystem, das ich nicht verstehe. Ich find’s ja super, wenn Pfand überhaupt eine Rolle spielt (in Argentinien gibt’s den aber nur auf die 1-Liter Bierflaschen und auf nichts anderes). Hier allerdings muss ich eine leere Flasche mit in den Supermarkt bringen, um eine Volle kaufen zu können. Da ich ja aber keine Volle kaufen und leermachen kann, kann ich auch keine Leere mitbringen, um eine Volle zu kaufen. Hätte ich eine leere Flasche, dürfte ich aber auch nur eine einzige volle kaufen, nicht etwa zwei oder drei. Und so beißt sich die Katze in den Schwanz und merkt es nicht mal. Denn schließlich sei das Gesetz. ??? Vielleicht ist dieses System ja auch dazu gedacht, den Kiosken Umsatz zu bescheren, denn dort kann man 1-Liter-Flaschen kaufen und zahlt Pfand dafür.

Der Argentinier im Allgemeinen ist sehr musikalisch. Das stellten wir ja schon fest, wenn uns junge argentinische Reisende in anderen Ländern begegneten. Irgendwer hatte immer ne Gitarre und gesungen wurde häufig… Auch hier im Land ist das auffällig. Hier wird oft mitgesungen, im Bus oder sonstwo öffentlich und das sicher nicht, weil die Sänger besoffen sind 🙂 Vor allem geht es dabei um argentische Musik, die Jung und Alt gleichermaßen zu mögen scheinen. Besonders schön zu sehen ist die Sangesfreude quer durch die Gesellschaft auf den Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Schlacht von Salta, die die argentinische Unabhängigkeit von Spanien besiegelte und in diesem Jahr erstmals landesweit gefeiert wird. Eine Band nach der nächsten spielt und alle Zuschauer kennen die Texte. Beeindruckend.

Nationalstolz wird hier im Land schon ziemlich groß geschrieben. Im südamerikanischen Ausland sind die Argentinier auch als sehr arrogant verschrien, was sicher auch mit diesem Stolz zu tun hat. „Es lebe das Heimatland“ ruft nicht nur eine hier sehr populäre Reggeaband in die Kamera.

Hier im Norden des Landes leben vergleichsweise viele Menschen indigener Abstammung. Die Lebensweisen sind sehr viel traditioneller als bisher im Land gesehen und somit fühle ich mich wieder in Lateinamerika. Die Gauchokultur (arg. Cowboys) wird noch gelebt, die traditionelle Kleidung der Gauchos sieht man tatsächlich häufig auf den Straßen und nicht nur bei den Peñas (Gauchotänze), die für die Touristen ähnlich den Fado-Shows in Lissabon in vielen Restaurants aufgeführt werden.
Ein 24-jähriger Eisverkäufer berichtet mir von seiner 5-jährigen Tochter und seiner Freundin, die ihre Ausbildung aufgrund der Schwangerschaft abgebrochen hat und jetzt eben keine Ausbildung hat. Er sagt, dass sei normal hier. Er selbst habe 7 Geschwister, seine 22-jährige Schwester habe bereits selbst 3 Kinder. 14 oder 15 Jahre alt zu sein, sei nicht ungewöhnlich wenn das erste Kind ins Haus flattert. Für ihn ist das die Normalität. Er findet es vermutlich ziemlich seltsam, das ich mit meinen 35 Jahren noch keine Kinder habe. (Haha, in solcher Zeitachse gerechnet, bin ich ja fast schon im Großmutteralter…)

Fußgänger sind keine gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer. Für sie gibt es weder Ampeln noch wird an den Zebrastreifen auf sie Rücksicht genommen. Bürgersteige in ganz Argentinien sind beinbrecherisch. Es scheint in den Orten zum guten Ton zu gehören, möglichst unebene, kaputte Gehwege zu haben.

MatĂ©tee trinken ist mit Abstand die beliebteste Beschäftigung im Land. Allerdings sieht man hier weniger als in Uruguay die Leute an Bushaltestellen MatĂ©trinkend. Auch ich komme in den Genuss eine MatĂ©runde, bei der mir der „Gastgeber“ sogar zeigt, wie man selbigen zubereitet und nach welchen Regeln der Tee getrunken wird. Es trinken ja alle Teilnehmer einer MatĂ©runde aus dem gleichen Becher mit dem gleichen metallenem Strohhalmlöffel.

So, und nun auf nach CĂłrdoba. Mal sehen, was die Stadt so zu bieten hat.

Die Kommentare sind geschlossen.

Kategorien

Admin | Reiseblog anlegen | Plane Deine eigene Weltreise