20.02.2013

Carnaval und Weltwunder für Anne

09.02.-14.02.2013

Meine Weiterfahrt von Salto Richtung Puerto Iguazu (Argentinien) führt über Concordia (die Nachbarstadt von Salto auf der argentinischen Seite des Flusses) nach Paso de los Libres. Aus Budgetgründen würde ich hier eine Nacht bleiben wollen. Als ich unterwegs bin, lese ich, dass das einzig beeindruckende an dem Ort sein Karneval ist. Heute ist Karneval, zumindest in Deutschland. Vielleicht hier ja auch?

Paso de los Libres ist eine Grenzstadt zu Brasilien, hier sind beide Länder ebenfalls durch einen Fluss getrennt. Auf der anderen Seite des Ufers sieht man die Skyline vom brasilianischen Uruguaiana. Von Skyline kann in Paso aber nicht die Rede sein. Beim Aussteigen warnt mich der Bushelfer vor der Gefährlichkeit der Gegend, ich solle schön auf mich aufpassen. Na super, so habe ich mir das ja nicht vorgestellt. Wenn ich gestern dachte, ich bin in einem verschlafenen Ort, dann nur, weil ich vorher noch nicht hier war. In der Innenstadt hat am Samstag Nachmittag wirklich alles geschlossen. Geschäfte, Restaurants, sowas wie ne Touri-Info finde ich gleich gar nicht und auch keine Unterkünfte. Im Hotel am Terminal würde ich ungern die Nacht verbringen, weil die Gegend ja so gefährlich ist, wie mir eine weitere Warnung einer Restaurantbesitzerin eines Eckcafés am Terminal nochmals bestätigt. Im Ort finde ich nichts.

Also entscheide ich mich für eine Übernachtfahrt (12h), denn ein Hotel nehmen und am Folgetag den selben Reisepreis zu bezahlen (40,- EUR) macht auch irgendwie keinen Sinn, da die Unterkünfte entgegen meiner Recherche hier ja weder günstig noch zahlreich sind. Also folgende Lösung: Nachtbus mit vorangehendem Zeitvertreib beim Karneval.

Dieser ist anders als in Köln eher mit dem Rio-Karneval vergleichbar. Man muss Eintrittskarten für den „Umzug“ kaufen, der außerhalb der Stadt auf einer betonierten Strecke im Sambodrom stattfindet. 2 Stunden stehe ich mithilfe des Sohnes der Gastwirtin vom Eckcafé nach Karten an. Nicht, weil es nicht genug gibt, sondern weil zwei Personen Verkaufspersonal einfach viel zu wenig sind… Ich habe in der Vergangenheit schon mehrfach gelesen, dass Karnevalsumzüge an mehreren Tagen im Karnevalsjahr stattfinden, teilweise 6-8 Mal. So ist es auch hier, heute ist Nacht 2, in der sich die einzelnen Sambaschulen miteinander duellieren.

Von 10 Uhr abends bis 4 Uhr nachts geht das Spektakel. Da mein Bus um 1 Uhr geht, kann ich also 2 Stunden zuschauen. Und die sind beeindruckend. Links und rechts der Strecke befinden sich Tribünen, die der Eventmanager in mir lieber nicht genauer betrachtet. Von 0-88 Jahren ist das ganze Örtchen vertreten. Die Kinder jeden Alters haben Spaß, sich mit Schneeschaum aus Sprühflaschen zu bespritzen, eine Tradition, die angeblich an die Anfänge des Karnevals in Deutschland erinnern soll (echten Schnee haben die hier ja nicht, es sind etwa 35 Grad Tagestemperatur…).

Der Umzug ist so, wie man ihn sich vorstellt. Sehr leicht und sehr schillernd bekleidete, in Öl und Glitzerpomade eingeschmierte Frauen laufen sambatanzend die Strecke entlang oder stehen wahlweise sambatanzend auf einem selbstgebauten Pappmascheewagen. Die Sambamusik wird live von einer Gruppe musizierender Männer gespielt, die im Zug mitlaufen. Es ist wirklich toll anzusehen. Es gibt mehrere Züge, die kompetetiv nacheinander antreten. Ich schätze, am Ende wird ein Sieger gekürt, aber das sehe ich nicht mehr, weil ich schon im Bus nach Puerto Iguazu sitze, wo ich 10 Stunden später ankommen soll.

Dank des Carnavals habe ich einen erlebnisreichen Tag hinter mir und bin sehr froh, dass es mich an diesem Tag hierher verschlagen hat, nachdem ich eigentlich nicht mehr geglaubt hatte, den Karneval irgendwo überhaupt zu sehen.

Am nächsten Mittag checke ich im Hostel Iguazu Falls (80,- Pesos) ein, das sogar mit nem Pool ausgestattet ist. Bei den schwülen Temperaturen hier ist das ne super Idee.

Hier bin ich natürlich wegen der Wasserfälle „Iguazu“, die sowohl von Argentinien, als auch von den angrenzenden Ländern Brasilien und Paraguay aus anzuschauen sind und als eines der 7 neuen Weltwunder gelten. Die argentinische Seite gilt als beeindruckendste. Daher wohl der saftige Eintrittspreis von 130,- Pesos (20,- €) in den Regenwald-Nationalpark, der die Wasserfälle umgibt.

Zusammen mit dem überteuerten Busfahrtticket von 60,- Pesos wird der gemeine Tourist hier also geschröpft. Übrigens nur der ausländische. Der inländische zahlt 50,- Pesos Eintritt. Der Park ist schön aufgemacht mit verschiedenen Wanderwegen, auf denen man sich den ganzen Tag die wunderschöne Regenwaldnatur hier mit all seinen Wasserfällen anschauen kann. Heute trifft das allerdings nur zu, wenn man a) Lust auf ne Lungenentzündung verspürt, die man sich holt, weil man den ganzen Tag im strömenden Regen rumläuft und anschließend in den auf Tiefkühlhausniveau heruntergekühlten Rückfahrbus steigt oder b) entsprechende Regenkleidung dabei hat, um sich vor den Sturzfluten, die ununterbrochen vom Himmel fallen, halbwegs zu schützen. Beides habe ich nicht. Also fahre ich mit der Parkbimmelbahn direkt zur Hauptattraktion, dem wirklich beeindruckenden Teufelsrachen. Auf dem Weg dahin begegnen mir und den tausenden anderen anwesenden Touristen Nasenbären, ein Krokodil und eine Wasserschildkröte. Und suizidale Vögel, die sich mit unglaublicher Geschwindigkeit in die Fluten des riesigen Wasserfalls stürzen.

Völlig durchgeweicht vom Gewitterregen mache ich mich wieder auf den Rückweg in den Ort Puerto Iguazu, nachdem ich meine Sachen gegen meinen Strandpareo, den ich glücklicherweise in meiner Zauberhandtasche finde, getauscht habe – was wohl der Grund ist, warum die Leute mich so seltsam anstarren… Unnötig zu erwähnen, dass es exakt in der Sekunde aufhört zu regnen, in der ich das Gelände des Parks verlassen habe.

Die nächsten Tage verbringe ich noch in Puerto Iguazu und entspanne – bei mehr oder weniger anhaltendem Regen.

Mein nächstes Ziel wird Salta sein, aber da ich keine Lust auf 24h Busfahrt verspüre, lege ich einen Zwischenstopp in Corrientes ein. Die Stadt selbst ist jetzt nicht so das Highlight. Touren in die Umgebung sind sicher schön, aber es ist so unerträglich heiß hier, dass ich meine 2 Tage hauptsächlich im hübschen Hostel Golondrina (80,- Pesos/Dorm inkl. Frühstück) verbringe.

Dafür verbringe ich von der Nacht allerdings recht wenige Stunden im Hostel, da ich mit meinen Zimmernachbarinnen auf den hiesigen Karneval gehe (unverhofft kommt oft…), der der zweitgrößte Argentiniens ist. Und das lohnt sich. Bis 4 Uhr morgens schauen wir uns die bunten, riesig befiederten Paraden an (die danach noch weitergehen, aber wir haben dann genug gesehen). Neben Samba wird hier auch Salsa gespielt und alles ist deutlich größer als in Paso de los Libres. So auch die Schneeschaumschlacht, bei der wir zu beliebten Opfern argentinischer Halbstarker avancieren. Lustig ist’s! Wem Rio zu teuer ist, der kann ruhig mal hierherkommen. Das macht schon wirklich Spaß.

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