11.11.2012

Grenzerfahrungen

Mittlerweile sind wir in Guatemala angelangt. Der Weg hierhin war etwas abenteuerlicher als uns lieb war. Von der mexikanischen Hippiehochburg Zipolite hatten wir eine Übernachtfahrt nach Tapachula gebucht. Tapachula liegt in der Nähe des Grenzortes Ciudad Hidalgo. Uns war ein wenig mulmig bei der Vorstellung, hier die Grenze nach Guatemala zu übertreten, da die Gegend bekannt ist für Drogenschmuggel und Grenzüberschreitungen zentralamerikanischer illegaler Einwanderer auf dem Weg in die USA. Daher hatten wir entschlossen, hier morgens anzukommen, um die Grenze zur frühen Stunde passieren zu können. Nach 12 Stunden Fahrt nehmen wir ab Tapachula einen Collectivo ins 20 km entfernte Ciudad Hidalgo. Collectivos sind kleine private Vans, die etwa 12 Passagiere (in der Realität plus Kind, Kegel, Huhn sowie Monatseinkäufe Obst und Gemüse) transportieren können. Lauren, eine australische Rucksackreisende begleitet uns. Der Co-Pilot schmeißt uns förmlich auf den Wagen und der bereits betagte Fahrer bringt uns für 21 Pesos (umgerechnet 1,25 €) mit gefühlten 300 Stundenkilometern und 6.000 Umdrehungen im 3. Gang in den Grenzort. Hier kann man locker zu Fuß rüber – wenn alles glatt läuft. Leider läuft nicht alles glatt, denn die Grenzbeamtin verweigert uns die Ausreise, da wir noch eine „Non-Immigrant-Fee“ bezahlen sollen, die bei der Ausreise fällig wird. Diese Gebühr war bereits standardmäßig im Flugpreis von London nach Mexiko-Stadt enthalten, leider haben wir jedoch keinen Nachweis durch die Fluggesellschaft erhalten, so dass wir die Gebühr von 294 Pesos (ca. 17,50 €) pro Person (fast 3/4 unseres veranschlagten Tagessatzes) nochmals bezahlen müssen. Ärgerlich! Auch unsere Reiseunterlagen und unsere Einreisestempel im Reisepass, die belegen, dass wir auf dem Luftweg eingereist sind, überzeugen die Beamtin nicht. Nach hitziger Diskussion geben wir auf, nehmen genervt das Bezahlformular entgegen und fragen nach einer Bank zum Geldabheben, schließlich haben wir all unsere Pesos bereits ausgegeben. Mit unserem je 18 kg Gepäck auf dem Rücken und bei 40 Grad Außentemperatur (in der Sonne) gehen wir zurück in den Ort und heben den nötigen Geldbetrag ab. Wieder zurück am Grenzschalter legen wir die Kohle auf den Tresen, die nun von der Beamtin plötzlich verweigert wird: wir sollen das Geld bei der BANK einzahlen, diese Information hatte sie zuvor uns „freundlicherweise“ vorenthalten. Unter Verlust von Zahnschmelz und mit zum Zerreißen angespannten Halsmuskeln machen wir uns zum zweiten Mal zurück auf den Weg zur Bank und haben das Gefühl, es beim abermaligen Passieren der auf dem Weg befindlichen Lokale und deren Einheimischen zum heutigen „Talk of the Town“ geschafft zu haben. Wir zahlen das Geld ein (immerhin ist somit sichergestellt, dass sich die Beamtin das Geld in Korruptionsmanier nicht selbst einsackt…) und lassen anschließend mit gültigem Ausreisestempel Mexiko hinter uns. Bei der Einreise nach Guatemala geht am Einreiseschalter wider Erwarten alles glatt und wir lassen uns (schwitzepitschnass nach unserer unfreiwilligen Rundwanderung in der Affenhitze) mit einer Rikscha zur örtlichen Busstation des guatemaltekischen Grenzortes Tecun-Uman bringen. Hier werden wir von Busanbietern natürlich sofort umringt. Wir wollen zum See Lago Atitlan, Lauren, unsere australische Begleitung, möchte in den Ort Quetzaltenango. Der von uns gekürte Busansprechpartner versichert uns, dass sein Bus ideal für die Reise in Richtung beider Ziele ist und für die Strecke etwa 2 bzw. 3 Stunden benötigt. Wie sich kurz darauf rausstellt, ist dies nicht der Fall. Lauren muss inklusive einem unnötigen Umweg im nächsten Ort Retalheu umsteigen. Auch wir müssten später umsteigen, um dann jedoch auf einer Route weiterzureisen, die für nächtliche Überfälle bekannt ist. Da bei dem Reisetempo (nach 2,5 Stunden sind wir noch nicht mal in Retalheu angekommen) und tausenden Schlaglöchern nicht damit zu rechnen ist, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit am Lago Atitlan ankommen, entscheiden wir uns, Lauren stattdessen nach Quetzeltenango zu begleiten und somit einen Zwischenstopp auf dem Weg zu unserem eigentlichen Ziel zu machen. Nachdem der Kassierer des Hühnerbusses nach Quetzeltenango uns unangemeldet noch ein paar Quetzal (so heißt die guatemaltekische Währung) für unser Gepäck abknöpft, indem er uns weniger Wechselgeld zurückgibt, kommen wir genervt von den vielen Falschaussagen und Abzocke nach insgesamt 24 Stunden Busreise in der auf 2.000m gelegen Stadt in den Vulkanbergen an.

Am nächsten Morgen genießen wir in unserem Hostel „The Black Cat“ in Ruhe unser Frühstück und packen dann wieder unsere Sachen für die Weitereise. Ein Rütteln lässt uns plötzlich aufschrecken! Erst denken wir an rappelnde Wasser- oder Gasleitungen oder an eine Horde von trampelnden Katzen auf dem Dach, doch als das gesamte Hostel dann anfängt, zu wanken, ist klar: es ist ein Erdbeben! Nichts wie raus aus dem Haus! Wir rennen runter auf die Straße und überlegen bereits, wo die nächste offene Fläche jenseits enger Häuserzeilen sein könnte. Wir beobachten die Reaktion der Menschen; ein Polizist gegenüber sieht cool und eher gelassen aus, auf der benachbarten Querstraße geht der Verkehr normal weiter…Das beruhigt uns zunächst, auch weil das Beben nun vorbei ist. Wie sich nachher jedoch herausstellt, war das Erdbeben das stärkste in Guatemala seit 36 Jahren. Da wir nicht im Epizentrum waren, waren die Erschütterungen in Quetzeltenango aber wesentlich geringer, wenngleich auch hier einige Gebäude Schaden genommen haben. Personen sind hier Gottseidank nicht verletzt worden. Vielleicht war es eine Fügung des Schicksals, dass wir es am Vorabend nicht zum Lago Atitlan geschafft haben, denn hier war das Beben wesentlich stärker…

Im nächsten Heft…äh…Artikel widmen wir uns unseren Erfahrungen am Lago Atitlan und der Kolonialstadt Antigua. Stay tuned!

 

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